Zeit, die wir uns nehmen, ist die Zeit, die uns etwas gibt.
Ohne Decke, alle Viere von mir gestreckt, offenes Fenster – nur so gelingt das Einschlafen. Ich höre von Emea, dass es in der Schweiz nicht anders ist. Lias jammert am Morgen auch er hätte schlecht geschlafen und so lassen wir den Tag ganz gemütlich angehen. Der Wetterbericht verspricht zehn Grad weniger als gestern. Und tatsächlich beginnt der Tag bewölkt, leicht windig und angenehm. Also doch mit dem Fahrrad zum Lac Lacanau? 2h hin und wieder zurück wären das. Wir entscheiden uns dagegen. Alle sind etwas schlapp und die Asche auf dem Frühstückstisch zeigt eindrücklich, wie es um die Luftqualität steht.
Der kleine freche Spatz klopft schon wieder fleissig am Kamin. Der hat doch ne Meise 🙄 Wir haben zwei Theorien: Erstens, er findet irgendwelches Getier und pickt das weg. Nur, ich sehe durchs Objektiv also gar nichts was da krabbelt. Deshalb ist die zweite Variante – die finde ich auch lustiger – die, dass er sich selbst im Kamin spiegelt und richtiges Balzgehabe aufführt. Er flattert, pickt, fliegt hoch, wieder runter, neigt den Kopf… Heinomal, bis wir herausgefunden haben wo das energische Klopfen überhaupt her kommt!
Man kommt vom Wasser der Küste, nur um wieder am Wasser zu sein: Lac Lacanau. Windsegler, Luftmatratzen die auf dem See dahindümpeln, Schwimmer, Stand-up-Paddler, Hüpfburg… Das volle Programm inklusive vieler Schulklassen. Uns ist es zu voll. Nur gerade auf dem See ist es (noch) ruhiger. Ich bin etwas enttäuscht, habe es mir anders vorgestellt. Jänu, wir fahren durch wunderbares Hinterland mit sehr lauschigen Häusern inmitten der Wälder zurück. Puohhh, das würde mir gefallen. Megaschön! So lässt/liesse sich auch leben.
Wenig später endecken wir zu Fuss das Naturreservat Piraillan. Bis 1995 war das ein Zeltplatz. Kaum vorstellbar! Lias sagt es richtig: «Lueg Mami, voll de schöni See und kei Lüüt.» Recht hat er. Es ist ruhig, wir sehen nistende Graureiher, dann Fische, Krebse, Gänse, Enten und Milane. Treffen auf zwei Familien, zwei Päärchen, alle sind ganz leise um ja die nistenden Vögel nicht zu stören. Nur die wilden Schweine, die es haben soll, bekommen wir nicht zu Gesicht.
Ich habe mittlerweile starke Kopfschmerzen. Das sind wohl Nachwehen des superheissen Tages und der schlechten Luft von gestern. So entscheiden wir uns ins Haus zu fahren. Auf der Rückfahrt bin ich keine gute Beifahrerin. Im Garten sucht sich jeder ein Schattenplätzchen. Ich verbringe den Nachmittag unter den Pinien mit Grillengezirpe in der Dauerschleife. Chillen, viel Wasser trinken und eine halbe Chipstüte später, gehts mir besser. Lias verdreht die Augen als er mich Chips reinstopfen sieht – er achtet eben auf seine Ernährung…
Später fahren wir mit dem Fahrrad in die kleine Thonfabrik im Dorf, vorbei an einer Oldtimergarage. Munzig klein ist der Laden. Eigentlich nur ein Büro mit einem Gestell und dem eingemachten Thon in Gläsern darauf. Der Inhaber Frédéric ist sehr nett, nimmt sich Zeit und erklärt uns alles: Wo er den Fisch her hat. Welche Art- und welcher Bereich des Thunfisches er verwendet. Er erzählt uns auch von den vielen Reisestornierungen wegen des Feuers. Das sei jedoch alles nur auf die Panikmache der Medien zurückzuführen. Wir sollen also die ruhige Zeit geniessen. Für sie jedoch sei es eine Katastrophe. Ich kanns verstehen. Hier leben sie vom Tourismus. Wir kaufen einige Gläser und nehmen zuhause einen Apéro – heija, man weiss ja nie ob’s genug zum Essen gibt… Dann gehts zum Nachtessen. Guet Nacht.
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