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Uganda/Ruanda | Tag 7 | Familienbesuch


Ich bin tief ergriffen und erfüllt von grosser Dankbarkeit ❤️ Doch von Anfang an… 


Mit etwas rumpelsurrigem Magen bin ich gestern eingeschlafen, doch ich hatte wohl einfach zu viel gegessen, ich bin es nicht gewohnt, dreimal am Tag so üppige Mahlzeiten zu essen und sollte das ja auch nicht tun 😬 Es gibt immer eine Vorspeise, dann Suppe, Hauptgang und Dessert. Jedenfalls werde ich heute nur die halbe Portion Porridge zum Frühstück bestellen. 

Nach dem Erwachen fällt mein Blick auf einen Gecko an der Wand. Aha, du süsser Fratz hast also gestern Abend noch «umegnöschelet». Nach dem erneut leckeren Frühstück machen wir uns auf einen zwei bis dreistündigen Spaziergang rund um den Krater. Noah holt uns ab. Überall sind die Menschen unterwegs zum Markt im nächsten Dorf, es ist kilometerweit entfernt und die Köpfe oder Fahrzeuge sind (über)voll mit Waren beladen. Es weht ein angenehmes Lüftchen, der Himmel ist bedeckt, es sieht sogar etwas nach Regen aus. Wir sehen vollbehängte riesige Avocadobäume, verschiedene Kraterseen, diverse Plantagen und eine Schule.

Wir besuchen eine Familie. Godfrey ist Kaffebauer. Er lädt uns in sein Haus ein mit den Worten «My family is your family». Ihr könnt euch das nicht vorstellen; in der kleinen Lehmhütte sind die Verhältnisse dermassen beengend, man kann sich kaum darin umschauen. Die Kinder schlafen zu zweit oder viert auf einer, ich würd sagen, nicht einmal 90er Matratzenbreite… Gekocht wird am Boden mit Feuer. Es ist ganz wunderbar mit ihnen. Mit den ach so lieben Menschen ins Gespräch zu kommen ist wirklich bereichernd und erdet. Wir haben bei Tyson vorab Bedenken geäussert, denn wir respektieren die Menschen und ihr Leben, wollen sie nicht stören… Er sagt, wir sollen uns keine Sorgen machen und einfach Interesse zeigen. Achso, also das ist einfach! Ich bin sowas von interessiert! 

Es sind zwei sehr verschiedene Welten, die aufeinander prallen… Ich darf fotografieren, die Fotos von heute sind alle im Einverständnis entstanden. 

Wir wollen zusammen kochen. Gemeinsam holen wir auf der Plantage ein Bananenbündel vom Baum. Der Baum wird dafür gefällt, das macht nichts, da er sowieso absterben würde, sobald die Staude geerntet ist. Stellt euch vor, innerhalb von vier Stunden wachsen aus dem gefällten Baum neue Pflanzen. Nach vier Stunden! Godfrey formt aus den Bananenblättern einen Tragering für den Kopf und bittet mich diesen aufzusetzen, in die Knie zu gehen und die Staude auf meinen Kopf zu hiessen. Haha, sehr witzig. Natürlich habe ich keine Chance! Die Staude wiegt ca. 25kg. Es wird herzlich gelacht und es werden Insidertips verraten. Doch auch damit schaffe ich es nicht. Godfrey hilft mir und mit dieser Last auf dem Kopf soll ich nun noch zum Haus, geschweige denn kilometerweit gehen?! Unfassbar. In diesem Moment überschlage ich auch kurz die Menge an Bananenstauden die jeweils auf den Boda Bodas transportiert werden. Du meine Güte! 

Gut, die Essenszutat ist also gefällt. Schnell ist danach auch die Rollenzuteilung klar; Sarah, ab in die Küche mit dir! Ich versuche mich nicht allzu doof anzustellen, doch an die hiesigen Bananenschälkünste komme ich natürlich nicht heran. Beim Kräuterschnippeln kann ich dann mithalten. Wir kochen «Katogo». Es ist ein Gericht mit grünen Kochbananen (es gibt übrigens sieben verschiedene Bananensorten in Uganda und 74 Sprachen!). Ausserdem gehören Kräuter und Mini-Auberginen – die sind nicht grösser als eine anständige Heidelbeeren – dazu. Kurz vor Ende der Kochzeit werden Tomaten, Salz und Schnittlauch beigefügt. Das alles geschieht auf dem Feuer in 20 Minuten Kochzeit. Als Deckel werden die Bananenblätter gefaltet und im Topf festgesteckt. Wir essen alle gemeinsam aus einer mit Bananenblättern ausgelegten Schale mit den Händen. Ich darf schöpfen. Die Kinder kichern im Hintergrund. Es ist superfein! Schmeckt ein bisschen wie würzig gekochte Kartoffeln. Was ich da noch nicht weiss – ich werde davon brutal gebläht.

Es ist uuuuhhhh schön wie die Menschen uns in ihr Leben lassen und auch sehr ergreifend. Die Ugander sind herzlich, offen und haben immer ein Lächeln im Gesicht. Wir fühlen uns sehr willkommen. Diese Momente lehren mich so sehr dankbar zu sein für alles, was ich habe. Beim Abschied kämpfe ich wieder mit den Tränen.

Ihr Lieben zuhause; ich danke auch euch für die lieben Nachrichten die mich erreichen. Es geht mir wirklich gut. Wir haben einen Rhythmus gefunden der mir hilft genug Erholung zu haben und die akuten Schmerzen sind auch weg. Danke euch auch für die lieben Worte zu den Texten und Bildern. Ihr wisst, ich schreibe gerne und wer zu Hause zu den Empfängern meiner jeweils langen Nachrichten gehört, kennt das und weiss, dass das Schreiben für mich hier in diesem Fall einfach auch Bewältigungstherapie ist. 

Mit noch immer klebrigen Händen (unmöglich klebrig ist dieser Bananensaft) kommen wir zurück in die Lodge. Kaum den ersten Fuss in die Lodge gesetzt fällt Regen – wow – in Strömen. 20 Minuten später scheint bereits wieder die Sonne. Es ist ruhig geworden in der Lodge. Das junge, sich ankeifende, deutsche Päärchen ist weitergezogen und auch die grosse ungehobelte Gesellschaft aus Holländern, Deutschen und Engländern ist weg. Die haben wirklich unmögliches Verhalten gezeigt. Barfuss zum essen. Naserümpfend das Essen zurückgeben – dabei ist das so fein! Gepäckstücke und Socken rumliegen lassen. Die Ladeplätze für sich beanspruchen – jep, schnell war mein Kamera-Akku nicht mehr eingesteckt. Den Lärmpegel der die Gruppe ausstrahlte, könnt ihr euch denken… 

Wir bekommen frische Tomatensuppe und Pizza zum Mittagessen. Herrje! Ich hab doch schon gegessen 🙈

Das Wetter klart gegen Abend auf. Tyson fährt uns auf eine Anhöhe. Auch wenn die Wolken die Berge einhüllen, es ist ein absolut würdiger Abschluss unseres heutigen Tages. Wir reisen in der Nebensaison, so ist beim Wetter auch mit allem zu rechnen. Die richtige Regensaison fängt in einem Monat an und dauert zwei Monate. Puohhh ihr, die Rückfahrt im Dunkeln… Die Menschen sind noch immer auf den Strassen unterwegs. Auch kleine Kinder alleine… Das erinnert mich daran, wie ich mit meinen Cousins und meinem Bruder mit der Milchkanne Milch geholt habe. 

Wir räumen zusammen. Morgen wechseln wir in den angrenzenden Queen Elisabeth National Park und reisen die nächsten Tage dann der kongolesischen Grenze entlang Richtung Bwindi zu unserem ersten Gorilla-Trekking. Ich kann es kaum erwarten! 

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Kommentare: 1
  • #1

    Eva (Montag, 24 Juni 2024 20:49)

    Liebe Sarah und Christian!

    Es ist so schön, und interessant euer Reisebuch zu sehen und zu lesen!
    Ich fühle mich manchmal als wäre ich dort, vor Ort mit euch!..
    Auch so, als Leseerlebnis machen mir eure Texte und Fotos riesigen Spass!
    Herzlichen Dank!
    Ich habe ab heute auch Ferien, wenn auch ein bisschen bescheidener..
    Liebe Grüsse!