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Uganda/Ruanda | Tag 16 | Kinigi | Gorilla-Trekking II


Die Gorilla-Babys sehen wie kleine struppige Wollknäuel aus. Sie haben grosse, sanfte braune Augen. Die Gorillas haben perse ein freundliches Wesen, es scheint sie nicht zu stören, dass wir ganz nah im Gestrüpp sitzen. Sie machen das, was sie fast den ganzen Tag treiben, nämlich Äste und Blätter fressen, verdauen und das, durch das vergorene Grünzeug entstandene Gas, wieder loszuwerden. Puuuups. Und das richtig laut! Doch man darf bei all der friedlichen Stimmung nicht vergessen, dass ein Silberrücken an die 200kg wiegt. Also immer beachten «don‘t run!». Denn würde man wegrennen, zeigt man Schwäche.


Wir kommen in Kinigi Hauptquartier an und werden einer Gruppe zugeteilt. Die Temperaturen sind noch etwas unangenehm auf dieser Höhe, doch das wird sich bald ändern. Anschliessend machen wir uns, zuerst per Auto, auf den Weg um unsere zweite Gorillafamilie zu besuchen – dieses Mal im Volcanoes Nationalpark. Wir gehen genau in das Gebiet wo der Film «Gorillas in the mist» gedreht wurde. Die Stimmung ist dem Film sehr ähnlich, alles ist verhangen. 

Diesen Park kann man als Tourist erst wieder seit 2001 besuchen. Anfang der 1990er Jahre nutzte die Ruandische Patriotische Front (FPR) den Nationalpark im Bürgerkrieg als Rückzugsort. Das führte – später auch durch Interahamwe-Milizen – dazu, dass der Tourismus völlig zum Erliegen kam. Bekannt wurde der Park durch die Forschungsarbeit von Dian Fossey. Sie rettete 200 Gorillas das Leben. Ihrer Härte ist es zu verdanken, dass die Berggorillas nicht ausgestorben sind. Nach ihrem gewaltsamen Tod wurde Dian Fossey neben dem Grab ihres Lieblings «Digit» beigesetzt.

Wir sind also im Auto-Konvoi unterwegs an den Ausgangspunkt unseres Aufstieges. Das Klima hier rund um die Vulkane herum ist feucht. Der Vulkan liegt im Nebel. Ein Vulkan ist der 3475 Meter hohe «Volcan Gahinga» der im Grenzgebiet von Uganda und Ruanda liegt. Rechts neben ihm türmt sich der «Volcan Muhabura» mit seinen 4127 Meter Höhe auf. 

Überwiegend werden hier Maniok, Süsskartoffeln, Kartoffeln, Bohnen oder Erbsen angebaut. Ausserdem wächst hier eine Blume – die Blüte sieht wie unsere Margerite aus – das Blatt jedoch gar nicht. Die Blume wird als Insektenschutz verwendet und wird vorallem in die USA exportiert. Unsere Mückenschutzkleider sind scheinbar damit imprägniert… Nach einer unfassbar mühseligen und wackeligen Fahrt kommen wir an. Ich dachte echt es gibt keine schlechteren Strassen mehr, doch es gibt sie! Zu Fuss wären wir definitiv schneller gewesen. Heinomal!

Es geht los. Wieder begleiten uns Träger. Sie sind, wie in Uganda auch, in Überkleider gekleidet und tragen Gummistiefel. Ihr alle wisst, wie schlecht das Profil eines Gummistiefels ist, geschweige denn der Halt darin… Nachdem alles geregelt ist, setzt sich unsere Gruppe, nun zu Fuss, in Bewegung. Der Weg führt uns durch Kartoffelfelder und Felder mit diesen Margaritenblumen. Zuerst ist der Anstieg recht happig und steinig. Die ersten Probleme in unserer Gruppe tauchen auf. Eine Australierin und eine Frau aus Texas sind sich das alles nicht gewohnt. Sie keuchen, schnaufen und sind komplett am Anschlag. Also so schlimm ist es jetzt also nicht… Doch auch wir merken die Höhe. Schlussendlich werden wir die Gorillas dann auf über 2900 Metern Höhe treffen. 

Bald sind wir von mannshohen Schlingpflanzen und Büschen umgeben. Hier gibt es sehr sehr grosse Brennesseln (das sind eigentlich kleine Bäume) und ich bin froh, haben wir so dicke Hosen an. Die Gartenhandschuhe helfen auch, ebenso die Regenjacke. Je höher wir kommen, umso grösser werden die uns umragenden Bäume. Es sieht komplett anders aus als auf dem Trekking in Uganda.

Ich finde, der Aufstieg gestaltet sich einfacher als in Uganda, da die Luftfeuchtigkeit und Temperatur niedriger ist als in Bwindi. Das fühlt sich erträglicher an. Um die Träger sind wir dennoch erneut froh. Die Träger sind freundlich und gut gelaunt. Bei der Hilfestellung unterscheiden die Träger nicht, wer sie angeheuert hat. Sowie Hilfsbedarf entsteht, greifen sie einem unter die Arme. Unterwegs bekommen wir erneut Erklärungen zu der Lebensweise der Gorillas und eine Instruktion. Wir alle müssen demütig zu Boden kauern und Gorillalaute von uns geben. Hmm hmm. Der Guide scheint mit uns zufrieden. Weiter gehts. 

Und dann sind wir, nach gemütlichen 1,5 Stunden da. Es ist eine Gorillagruppe von 15 Mitgliedern, wir haben nicht alle gesehen. Mir fällt auf, dass diese Gorillas ein längeres und struppigeres Fell haben als diejenigen in Bwindi. Es ist gut möglich, dass dies mit dem kälteren Klima hier im Virunga-Gebiet zu tun hat. Wir stapfen durchs Dickicht, zwischendurch kommt auch die Machete zum Einsatz um eine Schneise zu bekommen. Die eine oder andere Brennessel brennt durch die Kleidung. Es ist schwierig die Gorillas gut zu sehen. Morgens sind wir noch mit Nebel los, doch der hat sich aufgelöst und die Sonne scheint vom blauen Himmel. Das mögen die Gorillas nicht. Sie verziehen sich zu unserem Leidwesen ins Dickicht – so, wie auch wir uns in den Schatten eines Sonnenschirms verziehen, wenn es zu heiss wird. Wir haben keine Chance. Sie sitzen da im Dunkeln und chillen. Völlig unbeeindruckt von unserer Anwesenheit mampfen sie ihr Frühstück. Andere liegen, kraulen sich mit einer Hand den Kopf. 

Dann wechseln sie doch noch den Ort. Einer läuft 30cm entfernt an uns vorbei. Wir halten den Atem an. Wir sind froh, haben wir nun für eine ganz kurze Zeit die Möglichkeit zu fotografieren. Ein Gorilla muss niessen. Der gelb-grüne Schleim schiesst ihm aus der Nase. Er wischt mit der Hand darüber. Kurz danach steckt er den Finger in die Nase und tut das, was auch wir Menschen gerne tut, den Popel aus der Nase klauben und in den Mund stecken. 

Die Begeisterung, diese Tiere in ihrer natürlicher Umgebung so nah beobachten zu können, lässt mich alle Strapazen der schwierigen letzten zwei Jahre vergessen. Es ist so ein einzigartiger Moment, der leider nur kurz andauert. Die Stunde war wie fünf Minuten! Die Zeit ging viel zu schnell vorbei! Leider. 

Alles in allem haben wir dieses Trekking ein bisschen als Abfertigung erlebt. Man zahlt dafür den doppelten Preis als in Uganda. Doch wir sind auch grundsätzlich noch nicht so mit der Bevölkerung in Ruanda warm geworden. In Uganda war alles von einer so grossen Herzlichkeit und einem Interesse geprägt. Muzungus sind da wirklich willkommen. Die Menschen hier sind zurückhaltender, gewisse würden vielleicht auch sagen, zivilisierter. Wir haben das Gefühl, es hat mit der Unterdrückung zu tun. Wenn man sich ein bisschen in das Thema der Geschichte von Ruanda einliest, könnt ihr nachvollziehen was ich meine. Übrigens sind bald Wahlen in Ruanda und ziemlich sicher wird wieder Paul Kagame gewählt. 

Wir fahren zurück ins Hotel wo wir uns der Trekkingkleider entledigen. Wir sind unglaublich staubig. Schnell unter die Dusche. Ich freue mich sehr auf das Abendessen. So gross ist mein Hungerrrrrrrrrrr.

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